NEUERSCHEINUNGEN 2021/22

In dieser Rubrik stellen Hobby- halbprofessionelle sowie professionelle Autor*Innen ihre eben veröffentlichten oder demnächst zu ver-öffentlichen Werke vor.

 

Dabei dürfen sämtliche wichtigen Daten der Werke angegeben werden und ebenso eine Verlinkung zu ihren Internetseiten, sofern sich diese ausschließlich mit ihren persönlichen, literarischen Werken befassen.

 

 

Rebekka Görtler

 

Titel:

Der zweite, letzte Sommer

meines Lebens

 

ISBN:

9783710899393

 

Verlag:

story.one publishing

 

Einband:

209 × 132 × 9 mm

 

Umfang:

80 Seiten

 

Preis: 

18.- Euro

 

 

 

Rebekkas Story ist Ende August 2023 erschienen

 

Beschreibung

 

Maeve kann es kaum glauben: Gerade verunglückte sie noch in einem tödlichen Autounfall, doch als sie auf einmal erwacht, ist es wieder Anfang des Monats und all das nie passiert. Maeve hat nun nur wenig Zeit, um die Vergangenheit zu verändern und ihr Leben zu retten. Wird es ihr gelingen, das Schicksal abzuwenden? Oder ist das nun wirklich der zweite, letzte August für immer?

 

 

 

 

 

Eine Leseprobe

 

 

„Pass auf!“, schreie ich noch, es kracht und dann wird alles schwarz.

 

Es ist ein sommerlicher Mittwochabend, Ende August. Du warst mit deinen Freunden am See, ihr habt gerade Ferien, seid schwimmen gewesen, habt gegrillt, getanzt und gelacht. Dein Freund will dich nach Hause bringen. Natürlich sagst du Ja. Na gut, er hat ein bisschen getrunken, aber es wird schon nichts passieren, oder? Das Auto rast über den Asphalt, viel zu schnell, das Radio viel zu laut, es knallt, Metall trifft auf Metall und du bist tot. Ein tragischer Verkehrsunfall, so würde es bestimmt am nächsten Morgen in der Zeitung stehen. Aber dazu kommt es nicht. Als du erwachst, ist es wieder Anfang August und die Ferien liegen frisch wie ein weißes Blatt vor dir. Blank und unbeschrieben.

 

Klingt unglaublich? Ja, ist es auch, doch genau das ist mir passiert. Es ist mein zweiter, letzter August. Meine zweite, letzte Chance.

 

Langsam und vorsichtig öffne ich meine Augen, blinzle und schließe sie gleich wieder. Die Sonne ist viel zu grell.


Daniel. Das Auto. Der Unfall. Auf einmal fällt mir alles wieder ein. Ich habe überlebt, ist das zu fassen?


Trotz der gleißenden Sonnenstrahlen reiße ich erschrocken die Augen auf. Um Gottes willen! Habe ich noch meine Beine?
Mit einem Ruck setze ich mich auf und blicke umher. Schrank, Tisch, Teppich, Bett. Ich bin in meinem eigenen Zimmer daheim, aber wieso erinnere ich mich nicht an die Entlassung aus dem Spital?
Egal. Daniel. Wie geht es ihm?


Eilig greife ich nach meinem Handy auf dem Nachtkästchen. Komisch, kein einziger Sprung, nicht mal ein Kratzer im Display. Chapeau an Apple.


Ich schalte das iPhone ein und will gerade den Pin eingeben, als ich erstarre.
Wie bitte? Was steht da?


13:11 Uhr, 2. August


Schade, mein Smartphone hat wohl doch Schaden genommen, denn 2. August, das kann ja wirklich nicht sein. Der Camping-Trip war am 19., der Unfall dann am 21. So ein Mist, aber vielleicht kann der O2-Shop an der Ecke die Datumsanzeige wieder berichtigen.
Wie geht’s dir, tippe und sende ich an Daniel.


Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ist er womöglich tot? Eine eintreffende Antwort versetzt meine Vitalfunktionen zurück in den Normalzustand.
Ja, alles ok hier. Zweite Nachricht: Ich freue mich schon total aufs Zelten.
Ist das ein Witz? Hat sich mein Freund gemeinsam mit meinem Handy verbündet, mir einen blöden Streich zu spielen?
Was meinst du? Frage ich deshalb.


Daniel reagiert verständnislos: na, das Zelten am See mit den anderen? Sag bloß, du hast es schon vergessen?
Kein Witz also. Kein Fehler auf der Anzeige, sondern die Realität.


Heute ist tatsächlich der 2. August. Wir waren noch nicht campen und wir saßen auch noch nicht im Auto.


Ich habe nicht überlebt, nein, ich bin noch gar nicht gestorben.

 

 

Ende der Leseprobe

 

 

 


Yuanxin Lisa Zhang, geboren 2006, liebt das Spazierengehen in Fantasiewelten, seit sie denken kann. Manchmal hält sie die Besuche auf Papier fest. Außerdem interessiert sie sich für Fragen nach der Natur des Menschen und des Universums; allerlei Sprachen zum Welten-erschaffen; innovative Ideen für die Zukunft und speziell das

Hinterfragen unserer teilweise fragwürdigen  Lebensweisen.

 

Um frische Gedanken in den Kopf zu locken, spielt sie gerne Geige oder besiegt ihren Bruder im Tischtennis.

 

Ihr Traum ist es, ihren eigenen Weg zu finden und die Welt ein wenig schöner zu machen.

 

Aber sie schaffte mit ihren smarten 15 Jahren einen echten Husarenstreich. Der Traum vom eigenen Buch! Sie sprang einfach kopfüber, ins Wasser und verwirklichte ihn. Sie meinte in einem von mehreren Gesprächen mit uns;

 

  „ich hatte plötzlich Angst davor, dass Träume, mit dem älter werden, allmählich verblassen. So wie Sterne, die wir noch sehen, obschon sie schon lange erloschen sind. Es ist irgendwie unbefriedigend, immer nur zu träumen, ich finde, es ist auch eine Pflicht, mal den einen oder andern Traum – der uns gefällt – festzuhalten. Ihn durchzuschütteln, ihm in die Augen zu sehen und ihm mitzuteilen, ich werde dich jetzt verwirklichen! Ich musste es einfach tun, denn ich habe keine Lust darauf, als Schlafwandlerin mein Leben zu durchlaufen.“

 

Herzlichen Glückwunsch, Lisa, du wirst viele Jugendliche und jung gebliebene damit ansprechen.

 

Ein Stern von sieben Milliarden. Life is a Story - story.one

 

Yuanxin Lisa Zhang

Film, Kunst & Kultur

 

Hardcover

80 Seiten

ISBN-13: 9783710809002

Verlag: story.one publishing

Erscheinungsdatum: 14.08.2022

Sprache: Deutsch

 

Farbe: Ja

 

Diese Geschichte ist für dich.

"Das verflixte Universum ist

 

halt irgendwie Kunst." ~ Bee

 

Eine Leseprobe:

 

Aus dem 1. und 2. Kapitel

 

Als der Stern auf Erden fiel | 1

 

Ein eiskalter Schweißtropfen rinnt mir über die Stirn, fällt seitlich am Auge entlang, während mir wolkige Pollen und der ekelhafte sommerliche Duft entgegen fl­iegen. Weg! Niemals aufhören zu rennen, niemals! Die klumpige Reisetasche schleudert immer wieder schmerzhaft auf mein kraftloses Bein, der Rucksack auf meinem Rücken wird mit jedem Keuchen schwerer. Brennende Luft schießt mühsam und schmerzhaft durch meinen viel zu trockenen Hals, doch ich spüre es nicht, das Einzige, was ich spüre, sind die vergangenen zweiundsiebzig Stunden. Die schlimmsten zweiundsiebzig Stunden meines Lebens. Ich schleppe mich weiter, biege ab, vertraute Büsche und Zäune kommen in Sicht. Keuchend, hustend. Röchelnd, schnaufend, rotzend. Ekelhaft. Doch nichts ist vergleichbar mit dem, was in den letzten drei Tagen geschah. Plötzlich spüre ich die heiße Sonne über mir besonders intensiv, die Strahlen bohren sich in mich wie tausend Messerstiche, Hitze und Kälte überwältigen mich abwechselnd, mein Kopf hämmert wie verrückt, ich kann nicht denken, ich kann nicht denken! Meine Schritte schwanken hilflos, Schwindel überrollt mein Bewusstsein, meine Gedanken, wo sind meine Gedanken – Ich stürze durch das offene Gartentor und lande rücklings im Gras auf dem fetten Reiserucksack. Als ich die Augen leicht auf kneife, sehe ich nichts als grelles, schreckliches Licht. Plötzlich blicke ich in zwei neugierige Augen. Misstrauische Augenbrauen, eine kleine Nase, rissige Lippen. Blonde, kurze Locken, wie ich sie gerne haben würde. Ich blinzle. Das Mädchen ist noch immer da. Dann nimmt sie meinen Arm und streift den einen kratzenden Rucksackgurt ab. Sie steigt über mich auf die andere Seite, streift auch den anderen Gurt vorsichtig über meine Schulter. Schließlich streckt sie die Hand aus, wahrscheinlich in der Absicht mir aufzuhelfen.

Freundlichkeit zu beweisen. Verdammt, lass doch einfach los. Ich blinzle nochmals. Ich schaue zur brennenden Sonne, die gerade von gutmütigen Wolken verdrängt wird. Dann blicke ich zurück zum Mädchen und auf die Hand mit den grün lackierten Fingernägeln. Ich hole Luft, um etwas zu sagen, doch ich bringe nur ein schwaches Ausatmen zustande. Plötzlich fühlt sich alles unendlich schwer an.

 

Leben war so ermüdend. Die letzten Tage waren ermüdend, die letzten Wochen. Vielleicht die letzten Jahre, ja – vielleicht wirklich das gesamte Leben. Es ist ermüdend, auf dem Gras zu liegen und es ist ermüdend zu rennen und es ist ermüdend mit Menschen zu reden und belogen zu werden und verzweifelt zu sein und morgens aufzustehen, alles und alles, was noch kommen würde, würde ermüdend sein, und nun ist es verdammt ermüdend, weiter im Gras zu liegen und auf die Hand mit den grün lackierten Nägeln mit dem einen Glitzersteinchen am Ringfinger und den goldenen Ringen zu starren, und nichts zu tun. Ich spüre, wie die Hand nach meiner greift und mich mit einem Ruck hochzieht.

 

Und irgendwie wird die Welt auf einmal klarer.

 

 

 Bee | 2

Nachdem ich mich aufgerichtet habe, blicke ich genau auf die eine blöde riesige Pflanze im Beet, die ich nie leiden konnte. Irgendetwas Exotisches, das ständig Bienen anlockte, die mich dann im Garten umzubringen versuchten. Auf zittrigen Beinen schaffe ich es schließlich aufzustehen. Die Reisetasche liegt am Tor, der klumpige Rucksack neben mir. Ich drehe mich um und schaue zum tausendsten Mal auf ein Haus mit komischen Ziegeln, der Ort, wo ich aufgewachsen bin. Früher kamen mir die Ziegel nie komisch vor, bis ich herausfand, dass man unser Haus in der Nachbarschaft „Das Haus mit den komischen Ziegeln“ nannte. Irgendwie passte die Bezeichnung dann doch. Wo ist das Mädchen? Sie hatte mir doch eben noch aufgeholfen. Ich schaue mich um, kann sie jedoch weder hinter dem einsamen Kirschbaum noch unter dem alten Eichentisch entdecken. Mich erfasst eine seltsame Unruhe. Sie war ganz sicher da! Ich kann die Ringe an ihrer Hand noch sehen, den Händedruck spüren. Drehe ich komplett durch? Mit aufgerissenen Augen sehe ich mich um, doch da ist nur die schrecklich träge Sommerluft und das Sirren und Summender Insekten im Garten. Ich drehe definitiv durch. Auf einmal packt mich jemand an der Schulter, so plötzlich, dass ich aufschreie. Das Mädchen beginnt zu lachen, sie steht direkt hinter mir, meine Reisetasche umgeschnallt.

   „Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen!“, prustet sie und bekommt Tränen in den Augen. Fassungslos starre ich sie an. Wer zum Teufel war sie?

   „Komm, lass uns hineingehen. Nimm schon den Rucksack.“ Ich nehme den Rucksack und folge ihr durch unseren Garten. Sie duckt sich an der richtigen Stelle, wo der Johannisbeerstrauch pikst, und achtet verdächtig vorsichtig darauf, nicht auf die von Mama angepflanzten Blumen zu treten, auf die sogar Papa immer wieder drauftritt. Kurz vor dem Eingang bleibt sie stehen und blickt am Haushoch.

   „Weißt du, was ich hier am meisten liebe? Die Dachziegel! Sie sind bunt und einzigartig, wie kein anderes Haus sie hat. Und sie sehen ein bisschen aus wie die Schuppen einer Flosse.”

 

Wer zum Teufel ist das Mädchen? Sie stellt die Tasche im Flur ab und streicht sich eine goldene Locke aus dem Gesicht. Plötzlich werden ihre Augen groß.

   „Oh mein Gott.“ Das Mädchen schlägt sich die Hände vor den Mund. „Ich habe mich überhaupt nicht vorgestellt! Wie seltsam es dir vorkommen muss.“ Ich schaffe es, zu nicken.

     „Ich bin Bee.“

„Wer bist du?“, sprudelt es aus mir heraus.

    „Ich meine, was machst du hier in meinem Haus, wieso kennst du überhaupt alles? Wo sind Mama und Papa, sie hatten versprochen, mal da zu sein! Stattdessen tauchst du auf, und alles ist scheiße, ich versteh' nichts mehr!"

  „Tut mir leid. Ich soll dir ausrichten, dass sie es nicht mehr rechtzeitig vom Kongress schaffen … ich mache gerade ein Au-Pair Jahr in Hamburg, deswegen bin ich seit vorgestern bei euch, die Planung war nicht die beste und ich kam genau an, als du schon weg warst.“ Ihre Augen bohren sich in meine, und irgendwie verstumme ich.

 

 

Ende der Leseprobe

 


Nicole Höss wurde 1967 in Wien geboren, wo die Tochter einer Waldviertlerin und eines Ägypters aufwuchs.

 

Mit zwanzig Jahren übersiedelte sie in die Heimat ihrer Mutter, wo auch klein „Hudrywuschell“ Barnabas entstand.

 

Die Autorin kocht gerne, entspannt sich in der Natur und bei der Pflege ihres Gartens. Sie liebt Tiere über alles, vor allem Katzen und sieht sich gerne Dokus und französische Filme an.

 

 

Heute lebt Nicole Höss mit ihrem Lebensgefährten und ihren drei Katzen südlich von Wien.

Liebe Leserinnen,

liebe Leser!

 

Eines meiner Lieblingsbücher ist „Tausendundeine Nacht“. Als kleines Mädchen habe ich Märchen und Sagen geliebt. Im Laufe meines Lebens wurde der Wunsch immer größer, selbst ein Buch für Kinder zu schreiben.

 

Ich habe mir diesen Traum mit  klein „Hudrywuschell“ erfüllt. Ich möchte ein Strahlen auf die Gesichter meiner kleinen Leser*innen zaubern und sie zum Lachen bringen.

 

Alles Liebe! Eure Nicole

 

 

Die Buchdaten

 

 

Erschienen:                 Im Novum Verlag

 

Erscheinungs-Datum:              August 2022

 

Format:                                13,5 x 21,5 cm

 

Umfang:                                       244 Seiten

 

Buchpreis:                                   Euro 23.90

 

E-Book:                                        Euro 19.99

 

ISBN:                            978-3-99130-145-5

 

Besuchen Sie auch Nicoles' Seite

 

 

https://hoesspageonpage.wordpress.com

    

Und hier eine Leseprobe aus Nicoles' Kinderbuch

DER KLEINE „HUDRYWUSCHELL“

 

Hallo, liebes
Menschenkind

Es freut mich sehr, dass du den Weg zu diesem Buch und hiermit zu mir gefunden hast.
Mein werter Name ist Barnabas. Von meinen Freunden werde ich Barni genannt. Ich bin im Reich der Hudrywuschell zu Hause, im wunderschönen blauen Drachenpuppenwald.
Du fragst dich jetzt sicher, wie ich aussehe und woher ich genau komme. Gut, dann will ich dir ein wenig von mir und meiner Welt erzählen.
Ich schwöre, alles, was ich dir hier erzähle, ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Auch wenn die Erwachsenen dir nicht glauben werden, wenn du ihnen von mir erzählst. Mich gibt es wirklich und wahrhaftig, in all meiner Schönheit und Pracht.
Erwachsene Menschenkinder können mich aber nur sehen, wenn ich damit einverstanden bin.
Also, ich lebe im Hudrywuschellland.
Du kannst es nur durch Spiegel betreten, du weißt schon, die glänzenden Dinger, die an den Wänden hängen.
Wir Hudrywuschell beobachten euch ganz genau und manchmal besuchen wir euch Menschenkinder in euren Behausungen oder laden euch ein, uns zu besuchen. Da die meisten Menschen eitel sind, haben sie auch viele schöne Spiegel, die in ihren Häusern und Wohnungen an den Wänden hängen oder herumstehen. Also können wir ungehindert zwischen deiner und unserer Welt hin und her wandern.
Ich liebe Spiegel!
Aber nicht nur um zu wandern.
Ja, ich gebe es zu. Auch ich bin wahnsinnig eitel.
Hudrywuschell sind auf ihr Äußeres bedacht und ich in besonderem Maße.
Höre ich dich gerade lachen? Das ist nicht lustig.
Ich bin eben ein besonders hübsches Exemplar meiner Gattung. Und natürlich besonders nett. Man muss mich einfach über alles lieben!
Geboren wurde ich vor … hmmm … ich weiß es eigentlich nicht so genau, wurde ich überhaupt jemals geboren?
Mich und meine Brüder und Schwestern gab es, glaube ich, schon immer, seit Anbeginn der Zeit.
Wir sind unsterblich. Wir altern zwar, aber nur sehr, sehr langsam.
Um uns wieder zu verjüngen, legen wir uns von Zeit zu Zeit auf den heiligen Gral Stein.
Könntest du mich in diesem Augenblick sehen, du wärst begeistert.
Würde ich in diesem Augenblick vor dir stehen, was, glaubst du, würdest du sehen? Du hast keine Vorstellung von mir? Du weißt nicht, was ein Hudrywuschell ist?
Ich will dich nicht länger auf die Folter spannen.
Ich bin ein schlankes, kleines Wesen, nur fünfzig Zentimeter groß.
Das Prächtigste an mir ist mein strohblondes Haar, es strahlt leuchtend hell wie die Sonne an einem Sommermorgen, die Haarspitzen leuchten rot wie Blut. An meinem Rücken befinden sich zwei kleine feine durchsichtige Flügel, zart wie ein Spinnennetz.
Meine wohlgeformten Hände enden in langen Fingernägeln. Jeder Nagel schillert in den Farben des Regenbogens.
Meine Haut ist leicht gebräunt, samtweich und warm wie ein Kachelofen im Winter.
Meine hellblauen Augen funkeln wie Saphire. Meine langen Wimpern würde jede Frau gerne besitzen. Schwarz wie die Nacht betonen sie meine strahlenden Augen.
Meine Stimme ist sanft, einschmeichelnd, wohlklingend und betörend wie eine Flötenmelodie.
Und erst meine tollen Ohren. Sie drehen sich wie wild im Kreis, wenn ich mit ihnen durch die Gegend schwebe.
Natürlich kann ich auch mit meinen Flügeln fliegen, aber es sieht weitaus eleganter aus, wenn ich langsam und königlich vor mich hin schwebe. Will ich mich besonders rasch fortbewegen, benutze ich meine Ohren und meine Flügel.
Habe ich schon mein kleines, süßes Hörnchen erwähnt?
Es befindet sich mitten auf meiner Stirn.
Und es wechselt die Farbe, je nachdem, in welcher Stimmung ich mich gerade befinde. Es leuchtet hellrot, wenn ich zornig oder ängstlich bin. Es strahlt hellblau, wenn ich zufrieden und ruhig bin. Und es leuchtet orange, wenn ich mich freue oder sehr lebhaft bin.
Manchmal blinkt es auch, je nachdem wie stark meine Gefühle gerade sind. Das Wichtigste habe ich ja noch gar nicht erwähnt.
Ich dufte verführerisch nach Schokolade.
Jeder Hudrywuschell hat seinen eigenen Duft. Einige riechen nach Erdbeeren, andere wieder nach Rosen.
Aber jeder von uns hat seinen eigenen unverwechselbaren Geruch, der uns immer sanft umgibt.
Wie bitte? Du fragst dich gerade, ob ich magische Kräfte besitze?
Du bist aber sehr neugierig, das ist eine sehr persönliche Frage.
Nun gut, so viel sei verraten: Das eine oder andere magische Zaubertricklein beherrsche ich schon.
Du glaubst mir nicht?
Ich schwöre, dass ich ein magischer kleiner Bursche bin.
Welche Fähigkeiten ich genau besitze, findest du auf unserer gemeinsamen Reise in diesem Buch heraus.


Paul und Sarah

Paul und seine Schwester Sarah lagen gelangweilt auf dem Fußboden ihres Kinderzimmers in ihrem neuen Zuhause im Städtchen Witra.
Die beiden waren nach der Scheidung ihrer Eltern mit ihrer Mutter hierhergezogen.
Paul war ein lieber, kleiner, aufgeweckter Junge mit großen blauen Augen, Sommersprossen auf der Stupsnase und lockigem schwarzem Haar.

Beides hatte er von seinem Vater Thomas geerbt.
Pauli, wie er liebevoll von allen genannt wurde, war gerade sechs Jahre alt geworden.
Er war ein etwas schüchterner kleiner Junge, der in seiner neuen Heimatstadt noch keine Freunde gefunden hatte.
Seine Schwester Sarah, acht Jahre alt, mit langen blonden Haaren und magisch funkelnden grünen Augen, kam mehr nach ihrer Mutter Helene.
Sie war lebhaft, überhaupt nicht schüchtern und hatte schon einige neue Freundinnen gefunden, seit sie hierhergezogen waren.
Ihr Vater kam die beiden von Zeit zu Zeit besuchen.

Er brachte kleine Geschenke mit und fuhr mit seinem heiß geliebten Elektroauto nach einigen Stunden, die sie alle drei mit lustigen Spielen verbrachten, wieder fort.

Dieses Wochenende war er wieder einmal nicht gekommen, obwohl er es fest versprochen hatte.
Die beiden hatten fest damit gerechnet, dass ihr Vater sie besuchen würde und waren sehr traurig. Aber sie trösteten einander.
Sarah und Paul verbrachten viel Zeit miteinander und mochten einander sehr. Ihre Mama war vor einer Stunde einkaufen gefahren.
Das tat Mama Helene besonders gerne. Sie liebte es, schöne Dinge für ihr neues Haus zu besorgen, um es gemütlich und einladend zu gestalten.


Mama brachte auch oft eine Kleinigkeit für Paul und Sarah mit, wenn sie zurückkehrte. Ein kleines Spielzeug oder etwas Süßes zum Naschen.
Sarah sah ihren Bruder mit schräg geneigtem Kopf von der Seite an.
„Ist dir auch so langweilig wie mir, Pauli?“
Pauli, der gerade genussvoll mit einem Finger im linken Nasenloch nach vergrabenen Schätzen bohrte, nahm den Finger aus der Nase, betrachtete ihn mit großen Augen, bevor er seinen Kopf zu seiner Schwester drehte und tief seufzte. „Ja, unheimlich langweilig. Sollen wir etwas Spannendes spielen?“
„Was schlägst du denn vor?“ Sarah sah ihren jüngeren Bruder erwartungsvoll an.
Paul zog die Stirn in Falten, dachte angestrengt nach, kratzte sich am Kopf, hielt kurz die Luft an und öffnete den Mund.
„Na, sag schon!“, drängte Sarah ihn.
„Ich weiß auch nicht. Es ist so heiß heute und ich hab mich so auf Papa gefreut, lass mich noch ein wenig nachdenken.“
Sarah warf ihr langes Haar über die Schulter zurück.
„Wie wäre es, wenn wir ein wenig Verkleiden spielen würden? Mama freut sich zwar nie, wenn wir ihre Kleider anziehen, aber es ist doch immer lustig.“
Pauli verzog das Gesicht.
„Wenn es denn sein muss.“
Es gehörte nicht unbedingt zu seinen Lieblingsspielen. Aber er wollte seiner Schwester eine Freude machen.
„Von mir aus. Ich will ja kein Spielverderber sein.“
Gesagt, getan. Schnell holte Sarah einige Kleider und Schuhe ihrer Mutter aus dem großen Kleiderkasten, rannte ins Badezimmer, schnappte sich den korallenroten Lippenstift ihrer Mutter und rannte zurück in ihr gemeinsames Kinderzimmer.
Paul schaute ganz erschrocken.
„Du weißt doch, Sarah, Mama hat dir verboten, ihre Schminksachen zu nehmen. Das letzte Mal, als du ihren Lieblingslippenstift überall hingeschmiert hast, hat sie mit Hausarrest gedroht, falls wir nochmals auf die Idee kommen würden, ihre Gesichtsmalfarben zu verwenden.“
Sarah sah ihren Bruder an, noch immer ganz aufgebracht bei der Erinnerung daran.
„Ich habe damals so ein schönes Bild an die Wohnzimmerwand gemalt und Mama hat geschimpft und geschimpft. Sie hat sich gar nicht mehr beruhigt. Erwachsene können so ungerecht sein. Ich wollte ihr doch nur eine Freude machen. Außerdem hat sie nur gesagt, ich darf die Wände nicht mehr bemalen. Von meinem Gesicht war nicht die Rede.“
Sarah sah ihren Bruder mit verschwörerischem Blick an und grinste breit. „Und überhaupt! Kannst du dir das vorstellen, Mama hat mein Kunstwerk als Geschmiere bezeichnet. So gemein.“
Paul musste jetzt auch lachen.
„Na gut, aber auf deine Verantwortung.“
„Paulchen, du bist ein Feigling, immer muss ich für alles geradestehen“, maulte Sarah.
Sarah schlüpfte in den engen Minirock ihrer Mutter, der bei ihr zu einem hübschen Kleid wurde, und in die ihr viel zu großen Schuhe.
Es waren schwarze Schuhe mit sehr hohen dünnen Absätzen.
Sie stolzierte auf wackeligen Beinen zum Spiegel und begann, den Lippenstift auf ihren Lippen zu verteilen.
Sie war so vertieft in diese Tätigkeit, dass sie den rauchigen Schatten am Rand des großen Standspiegels, vor dem sie in ihrem Kinderzimmer stand, gar nicht bemerkte.
Pauli saß im Türkensitz auf dem Bett und sah ihr zu.
Im Gegensatz zu seiner Schwester war er ein wenig aufmerksamer. Ihm entging die Bewegung im Spiegel nicht.
Erschrocken kniff er die Augen zusammen.
„Sarah, hast du das gerade gesehen?“
„Was soll ich gesehen haben?“
Sarah drehte sich halb zu ihm um, unwillig, da sie bei ihrer hingebungsvollen Tätigkeit gestört wurde.
„Da ist irgendetwas im Spiegel.“
„Was soll da sein? Da wird sich irgendwas gespiegelt haben. Manchmal benimmst du dich wirklich wie ein Kleinkind, Pauli.“
Stolz darauf, zwei Jahre älter zu sein als er, drehte Sarah sich blitzschnell zum Spiegel um und erstarrte. Der Spiegel war zu einem magischen Portal geworden.
Da stand unser kleiner Barnabas und starrte mit großen Augen auf Sarah.
„Was für ein hübsches Menschenkind du doch bist.“
Der kleine Hudrywuschell lächelte freundlich und streckte seine Hand nach Sarah aus, um sie zu berühren.
Diese sah, wie die Hand aus dem Spiegel herausragte, kreischte laut auf und plumpste mit voller Wucht auf ihr Hinterteil.
Pauli kroch rasch auf allen vieren unter das Bett und hielt sich die Hände vor die Augen.

 

Ende der Leseprobe

 

 

 

 


Michael Kothe

 

Als Stammgast bei uns auf diversen Rubriken und im Literatur-Boten, freut es uns besonders, mit ihm sein Debüt-Krimi;

 

ROMAN MIT TODESFOLGE

 

zu feiern!

 

 

Das Buch erscheint im Juni 2022 beim Telegonos-Verlag

 

ISBN: 978-3-946762-68-3,

(Print und E-Book) 

 

Es kann über den örtlichen Buchhandel als auch online bestellt werden.

 

Lassen Sie sich von der hier  anschließenden Leseprobe überraschen.

Leseprobe aus:

 

ROMAN MIT TODESFOLGE

(Urheberrechte & Copyrights © by Michael Kothe)

(Copyrights Coverentwurf: Kutscherdesign)

 

 

Kapitel 2

 

Wer ist Valentina Nightingale?

Er wusste es, schließlich räkelte sie sich vor ihm auf der Couch. Achtlos hingeworfen lag ihr eleganter Hosenanzug, in dem sie eben noch ihrem Publikum gegenübersaß, auf seinem Seidenteppich. Daneben bedeckte ihre Bluse ihre hochhackigen Schuhe und seine eigenen Treter nur zum Teil. Er selbst stand mit entblößtem Oberkörper halb über die Schönheit gebeugt. Immer noch betörte ihn das Parfum, dessen Duft nach Jasmin und Orangenblüten von ihrem Bralette in seiner Hand aufstieg, einem Nichts aus Seide und Spitzen. Die Nightingale, seine Eroberung für diese Nacht! Während ihre Rechte an seiner Gürtelschnalle nestelte, furchten die Finger ihrer linken Hand durch die Haare auf seiner Brust. Die Berührung verursachte ihm einen wohligen Schauer. Als die Gürtel­enden lose herabhingen, öffnete …

… er trunken vor Erwartung die Augen. Im Nu war der Schauer verflogen. Ungläubig blinzelte er sich in die Wirklichkeit zurück.

Fast liegend und versunken im Polster eines voluminösen Fernsehsessels versuchte er sich zurechtzufinden. Im Vergleich zum luxuriösen Ambiente seines Traumes empfand er die nüchterne, abgenutzte Büroeinrichtung aus alters gebräuntem Holz als krassen Gegensatz:

Ihm gegenüber ein wuchtiger Aktenschrank mit geschlossener Rollladenblende, zu seiner Rechten ein Schreibtisch, so niedrig, dass er sich auf den Stuhl davor hätte kauern müssen. Dahinter begrenzte seinen Blick eine deckenhohe hölzerne Blende von Wand zu Wand, in der Mitte unterbrochen durch eine Türe, in deren Milchglasfüllung er eingeätzte Zeichen entzifferte, die er aber nicht sofort wiedererkannte:

 

thcerebeL flihttoG

 

Sein Blickfeld klarte umso mehr auf, je erfolgreicher er sich den Schlaf aus den Augen rieb. Vor dem zweiten und größeren Schreibtisch, den er endlich als seinen eigenen erkannte, schaukelte im breiten Chefsessel das genaue Gegenteil Valentinas, die Füße auf einem Aktenbock abgestützt.

»Was ist ein Nackenbeißer?« In übertriebener Rhetorik ließ die etwas füllige Anfangs­fünfzigerin im Hahnentritt-Kostüm ihre rechte Hand einen Viertelkreis beschreiben. »Als ich der Fragestellerin den Begriff erklärte, musste ich nicht etwa schmunzeln, denn jeder Autorin und jeder Leserin von Liebesromanen ist die Bedeutung geläufig. Nein, ich lachte ihr die Antwort lauthals entgegen. Anfangs irritiert und fast beleidigt schlich sie nach der Autorenlesung zu mir nach vorn an den Tisch, an dem ich mein Publikum mit Autogrammen beglückte. Als sie mir mit der Bitte, es zu signieren, ihr Buch vorlegte, beugte sie sich weit zu mir herab. Wohl zu weit, denn unvermittelt brach sich erotisches Knistern Bahn. Gemeinsam verließen wir als letzte den Saal.

Der Abstecher in die Bar dauerte nicht lange. Bald fanden wir uns auf meiner Couch wieder, wo ich ihr nach einem von uns beiden genossenen erotischen Rollenspiel eine andere Bedeutung des Wortes Nackenbeißer klarmachte. Noch in derselben Nacht entsorgte ich ihre blutleere Leiche. Hoffentlich hat mich niemand dabei beobachtet!«

Mit dem dumpfen Schlag, der typisch ist für das Zuschlagen eines gebundenen Buches, holte ihn die Frau im Schreibtischsessel endgültig ins Hier und Jetzt zurück. Im Halbdunkel fiel der lichte Fleck der Schreibtischlampe nicht nur auf das Buch in ihren Händen, sondern ließ auch ihr Gesicht erkennen. Lachfältchen um die Mundwinkel deuteten ebenso wie das Grau im offen getragenen Haar auf einen humorvollen, weltoffenen und selbst­bewussten Menschen hin. Nach der Heimkehr in die anonyme Wohn­anlage hatte die Haberkorn ihm auszugsweise aus Valentina Nightingales Buch vorgelesen und eben das letzte Kapitel beendet.

Gähnend und mit einem müde hingewedelten Winken beendeten sie ihre lange Literaturnacht und begaben sich zur Bettruhe. Gotthilf Leberecht in seinem Schlafzimmer nebenan, Ursula Haberkorn zwei Etagen höher.

 

Kapitel 3

 

Ursula Haberkorn erschrak. Schon bereute sie, nach dem ersten Klingeln nicht gleich wieder gegangen zu sein. Den Vormittag hatte sie für ihren Einkauf nutzen wollen, war aber gerade einmal bis zum Lottokiosk gekommen. Die Tageszeitung hatte eins zwanzig gekostet, und die Titelseite und den Artikel auf Seite zwei musste sie ihrem Mieter unbedingt druckfrisch präsen­tieren.

Eine gefühlte Ewigkeit lang hatte er nicht geöffnet. Nach dem vierten Klingeln endlich stand er ihr in der Tür gegenüber. In einem grauen Kurzbademantel, unter dem die Beine eines gestreiften Baumwollpyjamas sich auf braunen Pantoffeln stauchten. Leberechts Hecheln fiel ihr genauso unangenehm auf wie der Schaum an seinen Mundwinkeln. Seine Rechte umklammerte den Bademantel unterhalb des Gürtels, sodass sie am liebsten umgekehrt wäre. Ihre Finger krallten sich in die Zeitung, sonst hätte sie sie fallen lassen.

Leberecht schluckte. Es klang fast wie ein Aufstoßen.

»Kommen Sie doch rein, wenn es auch noch so früh ist! Nach der langen Nacht habe ich erst spät in den Schlaf gefunden. Guten Morgen erst mal! Konnte Sie nicht gleich begrüßen, musste erst die Zahnpasta runterschlucken.«

Nun erst bemerkte sie die Zahnbürste in seiner linken Hand. Die andere hielt wohl einen zu weiten Hosenbund in Zaum. Das reimte sie sich zusammen, als die Hand nach oben zuckte und die Schlafanzugbeine sich strafften. Ursula Haberkorn atmete auf.

»Kaffee?«

Zur Antwort nickte sie und folgte seiner einladenden Handbewegung durch ein breites Vorzimmer, das sich bis auf einen Garderobenständer und ein altmodisches Telefonbänkchen leer präsentierte. Mit nur drei Schritten durchmaß sie den Raum und trat durch die offen stehende Tür in der Holzwand. Die Tür mit der Milchglasscheibe, auf der sein Name zu lesen war, und dem Messingschild mit der Aufschrift ‚Privat­detektei‘ darunter. Den beiden Kinoplakaten in Schwarz-Weiß rechts und links schenkte sie keine Beachtung mehr, sie hatte sie schon so oft gesehen. Dahinter schwenkte sie nach rechts zu dem Schreib­tisch­sessel, in dem sie am Vorabend aus dem Buch der Nightingale vorgelesen hatte. Sie sah Leberecht durch die Tür verschwinden, hinter der sich das Schlafzimmer befand. Als sie ihm das Zweizimmerappartement vermietete, hatte sie stolz auf ihren ‚guten Geschmack‘ hingewiesen, weshalb sie das Schlafzimmer in einem beigen Pastellton hatte streichen lassen. So spielten die Wände in einer ähnlichen Farbskala wie der neue Teppichboden und das Bad en Suite im Charme der Siebzigerjahre. Anfangs hatte sie ihm mit einer Klage gedroht, als er die Holzwand aufgestellt hatte. Sie beruhigte sich jedoch, als sie sah, dass die Konstruktion nur mit wenigen Schrauben und Dübeln befestigt war. Der Schreibtischsessel zeigte noch halb ins Zimmer, sodass sie es sich sofort bequem machte. Lange musste sie nicht warten. Sie hörte Leberecht rumoren, danach erschien er in seinem gewohnt lässigen Outfit. Offenbar besaß er nur Cordhosen, die aber vermutlich in allen erhältlichen Grau und Brauntönen. Das Freizeithemd kaschierte, weil locker in den Hosenbund gestopft, seinen Bauchansatz, was sie recht sympathisch fand. Nur hielt sie es für unpassend, dass er sich in Socken vor ihr aufbaute.

»Milch oder Zucker?«

Mit seinem Lächeln gedachte er sie wohl aufzumuntern, bevor er den Vorhang aufzog und sie – selbst verblüfft – mit dem Gleißen der Mittagssonne blendete. Dass er die Gardine trotzdem nicht wieder zuzog, ärgerte sie etwas.

»Was heißt hier oder? Milch und Zucker!« Vielleicht klang das etwas zu barsch. Mit ihrer freien Hand schirmte sie die Augen gegen das Sonnenlicht ab und schob ein »Bitte!« nach. Ihr Blick verfolgte Leberecht, bis er in der Nische hinter dem Aktenschrank verschwand. Die Anspannung fiel von ihr ab, und sie schmunzelte. Schließlich hatte sie ihn beraten, wie er eine Junggesellen-Küche integrieren könne, ohne dass seine ‚Klientel‘ etwas von der Zweckentfremdung des Büros mitbekäme. Sie hörte ein Klappern, das typische ‚Pling‘ eines Mikrowellengeräts oder eines Minibackofens beim Abschalten und das Schaben von Geschirr auf Kunststoff. Kaffeeduft strömte ihr entgegen.

Wenige Minuten später kam Leberecht zurück, beladen mit einem Tablett, von dem er ein Gedeck vor ihr und ein weiteres an der Schmalseite des Schreibtisches stellte. Aus der Glaskanne schenkte er Maschinenkaffee in die Tassen. Milch, Zucker, eine Dose Margarine der Hausmarke des nahen Supermarkts und ein Glas Erdbeermarmelade ließ er auf dem Tablett stehen. Auf Anerkennung hoffend schaute er zu seiner Vermieterin, als er mit einer Gebäckzange je zwei Croissants auf ihren und auf seinen Teller hob. Noch im Stehen löffelte er einen Klecks Konfitüre auf ihren Teller, einen zweiten strich er auf sein eigenes Croissant, in das er sofort herzhaft hineinbiss.

Mit halboffenem Mund strahlte sie ihn an, so viel Zuvorkommenheit hatte sie nicht erwartet. Dass sie ihr zweites Frühstück zur Mittagszeit einnehmen sollte, minderte ihre Freude nicht. Beim ersten Bissen in das Croissant fiel ihr Blick wieder auf die Zeitung. Fast verschluckte sie sich, als ihr auffiel, dass sie den Grund für ihren Besuch schon vergessen hatte. Sie legte das Gebäck auf ihren Teller zurück und griff zum ‚Stadtanzeiger‘.

»Das haben Sie sicher noch nicht gewusst. Es ist schrecklich!« Sie blickte auf und schaute einem Mann in ihrem Alter ins Gesicht, der gerade die personifizierte Ratlosigkeit darstellte. »Die Nightingale ist tot. Heute früh hat ein Jogger sie im Entenweiher des Stadtparks gefunden. Sie lag bäuchlings im Wasser, einen Schuh hat der …, was ist mit Ihnen los? Sie sehen so bleich aus.«

Nun war es Leberecht, der den Mund offen stehen hatte. Fahrig fingerte er den Stuhl vom Schreibmaschinentisch herüber und ließ sich darauf sacken.

»Tot? Ich … Sie war ja nicht nur eine Schriftstellerin, deren Bücher ich gern las. Da ist mehr! Gestern nach der Autogrammstunde hatte ich das mit Absicht nicht erzählt. Ihr gegenüber wollte ich es nicht erwähnen, so berühmt wie sie geworden ist, und hinterher hab ich‘s vergessen. Valentina Nightingale war ihr Pseudonym, sie heißt … sie hieß Frieda Deutsch. Im Gymnasium war sie meine Klassenkameradin und meine Jugendliebe, was ich ihr nie gestanden habe. Und nun …«

Bereitwillig ließ sie die Zeitung los, als er sie zu sich herüberzog. Dass das Marmeladen ­Croissant auf der Zeitungsrückseite rote Spuren zog, die er an seinem Bademantel abstreifte, schien er nicht zu bemerken. Stumm beobachtete sie, wie sein Blick der Schlagzeile berühmte Schriftstellerin im Stadtpark ertrunken und dem kurzen Text darunter Zeile für Zeile folgte.

 

 

Ende der Leseprobe

 

 

 

Besuchen Sie Michael auch auf:

https://autor-michael-kothe.jimdofree.com/ 

unter „My Books/Krimis“

 

und beim Verlag: 

https://www.telegonos.de/aboutMichaelKothe.htm.


Sarah Breitling wurde 1976 in Bad Honnef geboren und ist dort aufgewachsen, mit zwei Geschwistern, schreibt schon in ihrer Jugend Gedanken und Ereignisse aus ihrem Leben auf. Manche in Gedichtform oder auch als Kurzgeschichten.

Im Buch der Nationalbibliothek des deutschsprachigen Gedichtes, ausge-wählte Werke II, veröffentlichte die Autorin eines Ihrer Gedichte.

 

Sie arbeitete 22 Jahre als staatlich anerkannte Kinderpflegerin in einer Kindertagesstätte, absolvierte 2008 eine 3-jährige Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilpädagogin und arbeitet heute in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung.

 

Sarah ist verwitwet und lebt mit ihren beiden Hunden bei Neustadt im schönen Westerwald.

 

Aus der Idee, das Erlebte und die Erfahrung der letzten Monate als Erinnerung für sich und andere festzuhalten und zu teilen, wurde dieses Buch:

 

 

O.T. Ossi/ Teewurst

 

Allzu kurzer Besuch aus Plauen

 

 

Hardcover

316 Seiten

ISBN: 978-3-7543-5235-9

 

auch als E-Book erhältlich.

ISBN: 978-3-7543-7154-1

 

Verlag: Books on Demand

 

Erscheinungsdatum: 17.09.2021

 

 

 

 

Beschreibung:

 

Sarahs Ehemann Jens wird immer verwirrter. Er ist launisch, öfter gereizt, zeigt sich verbal aggressiv, ist desorientiert. Sie vermutet, dass es die Wechseljahre sein könnten. Nach langem Bitten lässt sich Jens endlich untersuchen.

 

Die Diagnose:

Krebs, Stadium 4, unheilbar.


»Sowas will mir nicht ins Hirn! Sowas will ich nicht denken, sowas scheint außerhalb jeglicher Realität und doch muss ich lernen, es zu begreifen, es zuzulassen. Aber das geht nicht. Ich habe mir, ehrlich gesagt, mit der Hand gegen den Kopf geschlagen, um den Gedanken dort hineinzubekommen. Genützt hat es nichts.«

 

Sarah Breitling beschreibt in ihrem Buch viele Ereignisse, die zeigen, dass das Leben an der Seite von Jens einzigartig war. Schonungslos beschreibt sie, was nach den ersten Anzeichen der Krankheit vor ihren Augen geschieht.

  »Bekommt man hier eigentlich so eine Bonuskarte, wie beim Bäcker? Wer den meisten Krebs hat, bekommt eine Chemo frei Haus? Entschuldigung, aber ich muss mich mit Sarkasmus irgendwie über Wasser halten.

 

Anders schaffe ich das nicht!«

 

Die Autorin spendet den Erlös des Buches an das Projekt »Der Wünschewagen-letzte Wünsche wagen« des ASB Deutschland e. V.

 

 

 

 

Sarah Breitling hat bisher drei weitere Bücher veröffentlicht, die auch in den bekannten Online- Shops und natürlich im Buchhandel erhältlich sind. 

 

 

Himmelsseelen

 

 

 

Hardcover

220 Seiten

ISBN:  9783754313886

 

 

 

Verlag: Books on Demand

 

Erscheinungsdatum: 07.07.2021

 

 

 

 

 

 

 

Beschreibung:

 

Fassungslos steht Jens vor René.

    »Was ist hier los? Bin ich tot? Wer sind die anderen?«

René erklärt:

   »Also pass auf! Das hier ist der Himmel, so, wie du ihn von der Erde aus immer gesehen hast. Wenn man tot ist, kommt man hierhin! Das hört sich jetzt vielleicht etwas komisch an, weil man das ja meistens eher Kindern so erklärt, aber schau dich um! Es ist tatsächlich der Himmel!«
    »Wann bin ich denn gestorben? Woran bin ich gestorben?«
René nimmt noch einen großen Schluck aus der Flasche und holt tief Luft ...


In dieser außergewöhnlichen amüsanten Geschichte beschreibt die Autorin und Witwe von Jens, wie ihr Mann nach seinem Tod 365 Tage im Himmel verbringt.

 

 

Alfred der Biber 

 & die Halunken

 

 

 

Hardcover

120 Seiten

ISBN:  9783754308806

 

 

Verlag: Books on Demand

 

Erscheinungsdatum: 29.06.2021

 

 

 

 

 

Beschreibung:

 

Alfred, der Biber, kann nicht besonders gut schwimmen. Eine große Holzburg bauen, fällt ihm schwer. Das Tauchen hat er auch nie richtig gelernt. Zu allem Übel bekommt Alfred auch noch einen Sprachfehler, wenn er aufgeregt ist.


Die Biber vom anderen See jagen ihn fort. Was soll er denn jetzt tun, so ganz alleine?


Kann Alfred die Halunken überlisten und zu seinem See zurückkehren?


Aber dafür braucht er Hilfe ...

 

 

Alfred der Biber

sucht seine Zähne 

 

 

 

Paperback

164 Seiten

ISBN:  9783754343265

 

 

Verlag: Books on Demand

Erscheinungsdatum: 13.09.2021

 

 

 

 

 

Beschreibung:

 

Alfred, der Biber, sorgt wieder für ganz schön viel Wirbel am großen See! Er hat doch tatsächlich nicht bemerkt, dass er seine Zähne verloren hat!

Wie ist das bloß passiert?


Und wo sind sie jetzt?


Sarah, die Libelle, und Alfred machen sich auf eine abenteuerliche Suche!

 

 

Sarah Breitling spendet die Erlöse aller ihrer Bücher an das Projekt »Der Wünschewagen-letzte Wünsche wagen« des ASB Deutschland e. V.


Isabell Hemmrich wurde 1985 in Würzburg geboren und wohnt heute in einem kleinen Dorf in der Nähe von Straubing in Nieder-bayern.

Sie gesteht uns; „geschrieben habe ich schon immer gern, hatte allerdings lange Zeit nicht den Mut, mit meinen Werken an die Öffentlichkeit zu treten. Im Jahre 2019 schließlich, raffte ich mich dazu auf, meinen inneren Schweinehund zu überwinden und war ob der positiven Resonanz überwältigt.

So kann ich mittlerweile mit großer Freude auf rund zwei Dutzend Veröffentlichungen in Anthologien zurückblicken. Ganz besonders glücklich bin ich darüber, dass ich inzwischen sogar meinen Traum vom eigenen Buch verwirklichen konnte: Im Mai 2021 ist mein Band der Kurzgeschichten Wenn des Nachts der Tag erstirbt bei Grey Gull Publications erschienen, den ich auch selbst illustrieren durfte. Doch darüber mehr hier in dieser Rubrik.

 

Die Großstadtlegende THE BLACK EYED CHILDREN inspirierte mich für den Wettbewerbsbeitrag AUGEN AUF DEM HÜGEL, den ich gerne in der Rubrik SCHATZKAMMER den Leserinnen und Lesern vorstelle."

 Isabell Hemmrich

 

Wenn des Nachts der Tag erstirbt

16 unheilvolle Geschichten

Grey Gull Publications 2021

 

ISBN 978-3-75411-537-4 (Taschenbuch)

ISBN 978-3-75411-535-0 (Hardcover)

 

Auch als E-Book erhältlich

 

Besuchen Sie Isabell Hemmrich auf

 

 

 https://www.greygullpublications.de/isabell-hemmrich 

Als Leseprobe steht den Leserinnen und Lesern eine komplette Kurzgeschichte aus obigem Buch zur Verfügung. Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung, Gänsehaut und Schrecken!

 

 

 

In einem Bächlein helle …

 

(Urheberrechte & Copyright © by Isabell Hemmrich)

 

 

„Schau mal, Papa, eine Meerjungfrau!“

Missbilligend runzle ich die Stirn. Meerjungfrau! Also wirklich. Nicht gerade schmeichelhaft, mit einem Weibsbild verwechselt zu werden, muss ich schon sagen. Aber die Kinder heutzutage haben eben keine Ahnung mehr von den Sagen und der Folklore ihrer Heimat. Starren den lieben langen Tag nur auf diese kleinen flimmernden Geräte, die von Zeit zu Zeit so unangenehme Töne von sich geben, dass alle Fische im Umkreis die Flucht ergreifen.

 

Vor ein paar Generationen war das noch anders. Da kannte mich jedermann. Ehrfürchtig wurde mein Name geflüstert, wenn die Frauen ihre schmutzige Wäsche in die Fluten tauchten. Auch nicht gerade schön, mein Gewässer von menschlichem Schweiß, Staub und wer weiß was sonst noch allem verunreinigt zu sehen; besonders schlimm waren diese viereckigen Mulltücher, die sie Windeln nannten. Gottogott! Grauslich war das. Das hat sich zum Glück gegeben. Ich weiß nicht, was die Menschen jetzt mit ihrer Dreckwäsche machen, aber es ist schon etliche Jahrzehnte her, dass das Weibervolk mit Waschbrettern und diesen schrecklich stinkenden Seifenstücken zu mir ans Ufer gepilgert ist.

 

Ich vermisse sie nicht. Die Jungen und Mädchen, die sich in den heißen Sommern fast täglich in den kühlen Wogen meines Baches erfrischt haben, dagegen schon. Was war das für ein Juchzen und Toben, wenn sich die Kinder wieder und wieder vom Rand ins Wasser plumpsen ließen. Manch einer vollführte gar einen kühnen Kopfsprung, was bei der relativ geringen Wassertiefe und den gewaltigen Steinen am Grund nicht ganz ungefährlich war. Doch nie ist etwas passiert. Die Menschen sagen wohl nicht zu Unrecht, dass der allmächtige Schöpfer ein besonderes Augenmerk auf das Wohlergehen der Allerkleinsten habe.

 

So konnten sich die Rangen völlig unbesorgt und losgelöst ihren Spielen widmen, sich gegenseitig nass spritzen und Wettkämpfe veranstalten: Wer konnte am schnellsten schwimmen, wer am längsten unter Wasser bleiben, ohne Luft zu holen? Was für mich dank meiner Kiemen das Natürlichste der Welt ist, gestaltete sich für die kleinen Menschlein zu einer echten Herausforderung. Kaum einer schaffte es, länger als zwei Minuten in meinem Reich zu verweilen. Dann durchbrachen sie prustend und zitternd die Oberfläche und saugten mit geröteten Gesichtern gierig das mir so fremde Element in ihre Lungen.

 

Ja, ich vermisse die munteren Racker. Es hat mir solche Freude bereitet, sie beim Herumalbern zu beobachten. Nur noch selten verirrt sich heutzutage ein mutiges Mädchen oder ein waghalsiger Knabe zu mir ins kühle Nass. Manchmal höre ich, wie die Eltern ihre Kinder warnen. Es sei zu gefährlich, im Bach zu schwimmen, die Strömung zu stark. Stattdessen verweisen sie auf etwas, das sich Freibad nennt. Ich kann mir darunter nicht viel vorstellen. Wo könnte man sich freier fühlen, als beim Baden inmitten der glasklaren Wellen meines heimatlichen Gewässers?

 

 

    „Papa, Papa! Jetzt guck doch mal!“

Die helle Stimme reißt mich aus meinen Reminiszenzen. Aufgeregt zerrt der kleine Junge am Ärmel seines Vaters. Der aber hält sich eines dieser rechteckigen Flimmerdinger ans Ohr und spricht mit jemandem, den offenbar nur er sehen kann. Sogar aus der Entfernung kann ich erkennen, wie sehr er in seinem Nadelstreifenanzug schwitzt. Dabei hat die milde Abendbrise, die in den Binsen am Ufer flüstert, die Hitze des Tages längst mit sich genommen. Jaja, die Menschen und ihre Kleidung! Da hat es unsereins doch erheblich leichter.

 

Ich tauche ein Stück ab, sodass meine Augen geradeso über dem Wasserspiegel herausschauen. Meinen kahlen grauen Schädel könnte man jetzt auch für einen runden Felsblock im Bachbett halten, wenn man nicht ganz genau hinsieht.

    „Jetzt taucht sie unter! Gleich ist sie weg!“

Genervt verdreht der Mann die Augen und wendet sich der Stelle zu, auf die der ausgestreckte Zeigefinger seines Sprösslings weist. „Das ist nur ein Stein. Jetzt lass den Papa in Ruhe telefonieren.“ Damit dreht er sich wieder weg und redet weiter auf seinen unsichtbaren Gesprächspartner ein.

 

Haha, sag ich’s doch.

 

Dem Kind ist die Enttäuschung über die Reaktion seines Vaters deutlich anzusehen. Vorsichtig geht der Kleine ein paar Schritte näher ans Ufer heran. Um ihn aufzuheitern, tauche ich wieder ein Stück auf und puste eine Wasserfontäne aus meinen schlitzförmigen Nasenlöchern. Neugierig kniet der Junge sich hin und beugt sich zu mir herab.

 

„Bist du eine echte Meerjungfrau?“

Was die Menschen nur immer mit ihren Meerjungfrauen haben? Seit Neuestem verwechseln mich die Kinder auch immer öfter mit einem gewissen Aquaman, wer auch immer das sein soll. Das mit den Meerjungfrauen darf ich mir hingegen schon jahrzehntelang anhören.

 

Dabei ist an mir ganz und gar nichts Frauliches zu finden. Zumindest schmeichle ich mir selbst damit, das zu sein, was die Menschen ein gestandenes Mannsbild nennen würden. Wobei es natürlich auch Weibchen meiner Art gibt, meine Mutter zum Beispiel. Nicht, dass ich sie je kennengelernt hätte. Als ich und meine Brüder aus unseren durchsichtigen Eihüllen geschlüpft sind, war die schon längst über alle Berge beziehungsweise Ozeane. Aber sie war bestimmt nicht das, was sich die Menschen gemeinhin unter einer Jungfrau vorstellen. Wie wäre ich sonst entstanden?

 

Jungfräuliche Schwestern habe ich auch keine. Bei uns entwickeln sich die Gelege nämlich temperaturabhängig. Warme Meeres-strömungen führen zu Weibchen, kalte zu Männchen. Aber das kann ich dem Kleinen natürlich nicht erklären. Obwohl ich die menschliche Sprache problemlos verstehe, sind meine Stimmorgane nicht dazu in der Lage, sie nachzuahmen. Also lasse ich stattdessen ein paar dicke Blasen aus meinem Maul aufsteigen, was ihm zu gefallen scheint. Kichernd beugt er sich weiter vor.

    „Du bist lustig!“, giggelt er.

 

Wie ich mir das niedliche Kerlchen so betrachte, steigt die Frage in mir auf, ob es nicht auch für mich langsam an der Zeit wäre, an Nachwuchs zu denken. Bisher war ich ja der Meinung, mit meinen vierhundertdreizehn Jahren noch zu jung zu sein, um auf Freiers Füßen – respektive Flossen – zu wandeln. Auch behagt mir der Gedanke nicht, mein angestammtes Revier, einen kleinen Seitenarm der Leine, zu verlassen. Und das wäre unumgänglich, um ein paarungswilliges weibliches Wesen zu finden. Bislang hat nämlich noch keine dieser sogenannten Meerjungfrauen den Weg in mein Gewässer gefunden, obwohl sie hierzulande ja in aller Munde zu sein scheinen.

 

Ist wahrscheinlich auch besser so, unsere Art ist nämlich ungeheuer territorial. Ich habe es noch relativ gut getroffen. Mein Bach ist nur einige Schwimmstunden von der Nordsee entfernt, wo ich das Licht der Welt erblickt habe. Gerüchteweise ist mir zu Ohren gekommen, dass es einen meiner Brüder bis ins ferne Franken verschlagen haben soll.

 

Trotzdem: Der Gedanke, dass sich in naher Zukunft ein paar Miniaturausgaben meiner selbst in den Meeren und Flüssen der Welt tummeln könnten, stimmt mein kaltes Herz seltsam wehmütig. Vielleicht ist es doch an der Zeit, mein Junggesellendasein an den Nagel zu hängen und mir eine Partnerin zu suchen – egal, ob Jungfrau oder nicht.

     „Wie heißt du denn?“, will der Kleine wissen.

Statt einer Antwort – zu der ich ja, wie gesagt, nicht imstande bin – vollführe ich ein paar Schläge mit meiner kräftigen Schwanzflosse, wodurch ich vom Ufer abrücke. Dabei wedle ich ihm mit der Linken einen Abschiedsgruß zu. Die Schwimmhäute zwischen meinen Fingern schimmern in der untergehenden Sonne.

 

    „Nein, bleib da!“ Er beugt sich noch weiter vor und streckt seine kleinen Händchen nach mir aus.

 

Das ist der Moment, auf den ich gewartet habe. Blitzschnell schießt der lange Haken, den ich immer bei mir trage, aus dem Wasser und legt sich um den Nacken des Kindes. Ein kurzer Ruck und – schwupp! – landet es mit einem lauten Platschen im Bach, wo ich es ergreife und mit meiner Beute davonschwimme. Wie ein Pfeil gleite ich durch die Fluten, den zappelnden kleinen Körper fest an meine glitschige Brust gepresst. Von ferne dringen die Rufe des Vaters an meine knorpellosen Gehöröffnungen, doch außer einem leichten Kräuseln ist auf der Wasseroberfläche nichts von mir zu entdecken.

 

Wenige Minuten später hat sich das Zappeln gelegt. Ich sagte es ja: Die kleinen Menschlein halten es nie lange unter Wasser aus. So schlage ich meine spitzen Zähne in die weiche Haut meines Opfers und labe mich an dem zarten Kinderfleisch. Ein Hochgenuss!

 

Ach ja, da war ja noch was. Wie ich heiße, wollte der Kleine wissen. Nun, da meine Mutter mich nie zu Gesicht bekommen hat, konnte sie mich selbstverständlich auch nicht taufen. So heißt das bei den Menschen, glaube ich, wenn man seine Kinder benennt. Aber dafür haben mir die Bewohner des nahen Städtchens schon vor Jahrhunderten einen Namen gegeben: Hakemann, nach meiner bevorzugten Fangmethode.

 

Ein Rülpser entweicht meinem lippenlosen Fischmaul und steigt als runde Gasblase nach oben. Meine Mahlzeit habe ich bis auf die Knochen abgenagt. Fast ist es schade, dass der drollige Knirps nicht erwachsen werden wird, um nachfolgenden Generationen von seinem Abenteuer mit der Meerjungfrau zu berichten.

 

Aber das ist eben der Kreislauf der Natur. Derselbe Gott, der das Wohl der Kinder im Auge behält, sorgt auch dafür, dass alle seine Geschöpfe satt werden. Und so vergönnt er mir von Zeit zu Zeit einen besonders saftigen Leckerbissen. Natürlich nicht zu oft. Ich muss ja auf meine Linie achten, wenn ich demnächst auf Brautschau gehen will....

 

 

ENDE der Geschichte

 


Die Buchdaten:

 

 

E-Book

 

Sprache:        Deutsch

 

Seiten:           52

 

Erschienen:   19 - 08 - 2021

 

Datengröße:  2222 KB

 

Preis:              99 Eurocents

 

Bezug:            Amazon

 

 

 

 

Das Verschwinden des sympathischen Timothy McPhallon führt die Suchtrupps ins schottische Hochmoor. Doch nicht nur Nebel und der alles verschluckende Regen lasten auf Aberdeenshire. So düster, wie wir uns das Bild von Nessies und Bravehearts Heimat machen, sind die Absichten einiger aus dem Clan der McPhallons. Sie stehen miteinander in Konkurrenz, doch wissen sie nichts von dem Wettstreit und davon, dass er tödlich enden mag ...

 

 

Familienbande  –  Ein Schottlandkrimi

        (Leseprobe)

 

 

Kapitel 3

 

… Es nieselte, als Susan die wenigen Trauergäste am Eingang der Dorfkirche begrüßte und sich für die Beileidsbekundungen mit einem kurzen Händedruck und ein paar gehauchten Worten bedankte. Als Angeheirateter hielt sich Alan hinter seiner Frau und begnügte sich mit einem stummen Kopfnicken. Den Beliebtheitsgrad Mortimers glaubte er an der geringen Zahl der Besucher wie auch an deren Förmlichkeit ablesen zu können. Den meisten unterstellte er, dass sie die Teilnahme am Trauergottesdienst ohnehin als Pflichtübung aus Respekt vor dem alten Aladair absolvierten. Lebendiger gestaltete sich die Begrüßung erst, als etwas verspätet Susans Vetter Arthur aus Aberdeen und ihre Cousine Gwyneth aus einem der Nachbarorte eintrafen.

 

Alan schluckte. Susan und Gwyneth hatten sich als Geste der gegenseitigen Betroffenheit eng umarmt, das war üblich, aber die Umarmung seiner Frau und Arthurs schien ihm zu eng, zu wenig verwandtschaftlich, und sie dauerte ihm entschieden zu lang. Nach seinem Dafürhalten lag etwas Freundschaftliches, ja Intimes darin. Das helle Rufen der kleinen Kirchenglocken unterbrach seine Gedanken. Das Kirchenschiff war winzig genug, um trotz der wenigen, die zu Mortimers Gedenken gekommen waren, eine rege Anteilnahme der Dorfge-meinschaft an seinem Hinscheiden vorzugaukeln.

 

Zumindest sahen sich die Trauernden eng zusammengeschweißt und zum Ausharren verdammt. Draußen entlud sich ein Gewitter, dessen Donnerhall Teile der Predigt ungehört machte, und das Prasseln des Regens auf die schiefernen Schindeln vermied, dass mehr als die in der ersten Reihe Sitzenden die Worte des Pfarrers vernahmen, mit denen er doch noch etwas Gutes über Mortimer zu berichten suchte.

 

Als der Zug dem schlichten Sarg folgte, hatten eine fahle Sonne und bleiches Blau den Himmel zurückerobert. Es roch nach nasser Erde, nach Regen und nach frisch gemähtem Gras. Die Schritte der Trauergäste ließen den Kies knirschen, und einige versuchten, durch das Auftreten mit der Sohlenkante das Geräusch zu vermeiden, weil ihnen die Unterbrechung der Stille pietätlos oder peinlich vorkam. Die Erde um das Grab herum war aufgeweicht, und spätestens dann zog die Nässe in das Schuhwerk oder die Hosensäume, wenn der oder die Betreffende aus nächster Nähe eine Schaufel Erde auf den Sarg warf …

 

 

Kapitel 4

 

Gerade hatten sie ihre Haustür hinter sich geschlossen, als Alan es nicht mehr aushielt. Den Rückweg von Pub hatte er mit den Fäusten in den Taschen zurückgelegt. Gwyneth hatte in ihr Taschentuch geheult und den Abschied kurz gehalten. Sie hatte sich an Arthurs Wagen gelehnt, als sie auf ihn wartete. Er hatte versprochen, sie auf seinem Heimweg nach Hause zu bringen, es sei nur ein kurzer Umweg. Susans Abschied von ihrem Cousin wiederum hatte Alan als zu lang und zu innig angesehen.

  »Das hat mir heute gar nicht gefallen, wie du dich an Arthur herangemacht hast.«

Susan war pikiert, und das machte sie ihrem Mann auch sofort klar. »Was heißt hier herangemacht? Er ist mein Vetter, wir haben uns lange nicht gesehen, seit er nach Aberdeen gezogen ist.«

    »Wohin du in den letzten vier Monaten achtmal gefahren bist!«

»Was willst du damit sagen?« Ihre Stimme bebte. »Ich war bei meiner Frauenärztin. Und anschließend bummeln, wenn ich schon mal dort war ...«

 

Was sie danach sagte, nahm er gar nicht mehr auf. Ihre Aufgewühltheit interpretierte er als Ausdruck ihres schlechten Gewissens.

    »Ja, bei deiner Frauenärztin, ganz gewiss! Hast du noch andere Ausreden? Und wo hast du dich sonst noch mit ihm getroffen? Mit unserer Ehe klappt es ja schon lange nicht mehr. Aber dass du mich ausgerechnet mit deinem Cousin betrügst, ist ein starkes Stück. Wenn es wenigstens ein kräftiger, gutaussehender Kerl aus der Nachbarschaft wäre! Aber dass ich dich an diesen Niemand, an diesen Verlierer abtreten soll, der das Dorf seiner Schulden wegen verlassen hat, werde ich nicht hinnehmen.« Alan war aufgesprungen, breitbeinig baute er sich vor seiner Frau auf, die Hände auf die Hüften gestützt. Sein Gesicht hatte eine Farbe angenommen, die man gewöhnlich bei einem Herzkranken beobachtet, der sich über Gebühr angestrengt hat. Seine Stimme hatte er erhoben, um dann doch nach der unspezifischen Drohung seinen Redefluss abrupt abzubrechen.

 

Susan wiederum hatte einigermaßen gefasst zugehört. Ein Beobachter hätte aus ihrer Ruhe, wenn die vielleicht auch nur vorgetäuscht war, den Eindruck gewinnen können, dass dies nicht das erste Gespräch zwischen den Eheleuten war, das sie über Untreue und Eifersucht geführt hatten. Ihr nächster Satz schien diese Vermutung zu bestätigen, denn er schloss sich inhaltlich nicht direkt an Alans Worte an. Irgendwie fehlte der Übergang.

 

»Wenn ich dich verlasse, dann, weil ich es mit dir nicht mehr aushalte, nicht wegen Arthur! Außerdem hast du keine Beweise.«

    Sein Auflachen klang zynisch. Seine Lippen bebten. »Keine Sorge, die finde ich!« In den paar Worten fasste er seine all Enttäuschung, seine Verbitterung und seinen Zorn zusammen.

 

Besser hätte Susan ihre Handtasche mitgenommen, als sie tags darauf ihre Freundin zum Nachmittagstee besuchte. Sie hatte versprochen, Gebäck mitzubringen, und so hatte sie ihre große Tasche gegriffen, des Fassungsvermögens wegen. Die neue Handtasche, die sie bislang nur bei Mortimers Beerdigung getragen hatte, stand neben der Kommode im Hausflur.

 

Alan war überrascht, er wusste nichts von Susans Absicht, auf dem Weg zu ihrer Freundin einen Schwenk in die Konditorei zu machen. So grinste er in sich hinein, zynisch und gleichzeitig verlegen, als er sich bückte und noch im Sichaufrichten die Tasche öffnete. Er trat ans Fenster, wo es heller war. Ausleeren wollte er die Handtasche nicht. Was wusste er denn, nach welchem System Susan ihre Utensilien darin verstaut hatte! Die Genugtuung zu bemerken, dass er ihre Tasche durchwühlt hatte, wollte er ihr nicht verschaffen. Und so setzte er sie auf der Fensterbank ab, beugte sich darüber und ließ Blick und Finger ins Innere gleiten. Mehrere Minuten lang drückte er Kamm, Bürste, Lippenstift, einen winzigen Flacon mit dem Parfum, das er ihr zum vorletzten Geburtstag geschenkt hatte, und andere Dinge zur Seite. Immer in der Hoffnung, Verräterisches zu finden, wobei er selbst nicht wusste, was das sein könnte. Nichts! Schon wollte er aufgeben, als er etwas Hartes an der Innenwand fühlte. Seine Finger tasteten den runden Gegenstand ab, und tatsächlich wurde er in dem kleinen Innenfach mit dem Schminkspiegel fündig. Triumphierend zog er den Zettel heraus, dessen eine Ecke geknickt war, nach Alans Ansicht ein untrügliches Zeichen, dass er hastig hineingestopft worden war. Ihn sorgfältig flach oder gefaltet hineinzustecken, hatte Susan wohl keine Zeit gehabt!

 

Geliebte Susan,

wenn Du das nächste Mal nach Aberdeen kommst, ruf bitte ein paar Tage vorher an, damit ich die vor mir liegenden Termine rechtzeitig verschieben und für Dich da sein kann. Die Zeit ohne Dich kann ich kaum noch ertragen.

In heimlicher Liebe

Dein Arthur

 

Alans Knie knickten ein, ihm wurde schwindlig. Also doch! Ohne sich umzudrehen, zog er einen Küchenstuhl zu sich heran und ließ sich darauf plumpsen. Den Zettel las er ein zweites und ein drittes Mal. Wie sollte er sich verhalten? Was wären die Konsequenzen, wenn er Susan zur Rede stellte? Leugnen ihrerseits, ihr Vorwurf des Vertrauensbruchs, weil er ihr nachspionierte und in ihrer Tasche gekramt hatte, Trennung? Er liebte sie – auf seine Weise! Schließlich war er finanziell von ihr abhängig, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte. Doch könnte er ihr verzeihen? In der Ehe weiterleben mit Zweifeln oder gar Gewissheit ihrer Untreue? Er musste sich beruhigen. Sachte steckte er den Zettel genau so hinter den Schminkspiegel, wie er ihn vorgefunden hatte. Dann stellte er die Handtasche wieder neben die Flurkommode. War der Reißverschluss offen oder geschlossen gewesen? Alan zog ihn zur Hälfte zu, dies schien ihm ein unverdächtiger Kompromiss. Mit einem Seufzer innerer Ungewissheit drehte er sich um und schlurfte ins Wohnzimmer.

 

Am Whiskey nippte er bloß. Er schmiegte sich in seinen Ohrensessel, in den er sich sonst nur zum Lesen setzte, und hatte das Gefühl, das sanfte Brennen in der Speiseröhre und im Magen beruhige ihn. Tatsächlich überlegte er entspannt, wie er das Dilemma um Susans vermeintliche Untreue lösen könne. Schließlich hatte sich nur der Schreiber des Zettels über seine Gefühle geäußert. Trotz der Formulierungen, die auf eine schon länger dauernde Romanze hindeuteten, zeigte der Text eine einseitige Sichtweise. Er war kein Beweis für Susans schmachtende Gegenliebe.

 

Bevor Susan von ihrer Freundin heimkehrte, hatte Alan seinen Entschluss gefasst: »Ich fahre ihr nach Aberdeen hinterher.« Den Rest Whiskey kippte er in einem Schluck hinunter.

 

 

Kapitel 5

 

… Über Aberdeen lagen dunkle Wolken. Alan wunderte sich nicht darüber. So wie an der Küste jede Bucht ihr eigenes Mikroklima besaß, ändert sich oftmals auch das Wetter, sobald man von einem Hügel herab ins nächste Tal kam.

 

Er hatte Susan beobachtet, wie sie die Praxis ihrer Frauenärztin verlassen hatte, folgte ihr durch die Einkaufsstraße, und schmunzelte über das Bild, das sich ihm bot, als sie vor ihrem Spiegelbild in einem Schaufenster kokettierte. Als sie sich umdrehte und ein strahlendes Lächeln aufsetzte, geriet sein Herz aus dem Takt. Mit geballten Fäusten beobachtete er, wie seine Frau ein paar Schritte vom Fenster weg in die Fußgängerzone trat, um sich dort einem Mann in die Arme zu werfen. Zumindest betrachtete Alan ihre Begrüßung so. Susans neuen Begleiter erkannte er erst, als der sich umdrehte. Sie hakte sich bei Arthur unter, und gemeinsam spazierten sie die Fußgängerzone in Richtung Fluss.

 

Mit einigem Abstand folgte Alan, die geballten Fäuste bis zum Grund seiner Jackentaschen geschoben. Als sie das Café betraten, sah er nur die Möglichkeit, sich im Herrenbekleidungsgeschäft gegenüber beraten zu lassen, um die beiden durchs Fenster zu beobachten. Sobald Susan und ihr Cousin ins Freie traten, ließ Alan einen perplexen Verkäufer zurück, der vergeblich darüber nachdachte, was der Kunde eigentlich gewollt hatte und warum in Teufels Namen er vier weitere Hemden auseinandergefaltet und ihm vorm Spiegel vor die Brust gehalten hatte

 

 

Ende der Leseprobe

 

 

Ein kurzer Kommentar zum Buch:

 

 

Der einzelne Selfpublisher hat es bei der Menge jährlich neu erscheinender Buchtitel schwer, wahrgenommen zu werden. Die junge Aktion „Authors‘ Challenge“ möchte unter dem Hashtag #gemeinsamstattgegeneinander Leser auf talentierte unabhängige Autoren hinweisen. Dazu werden die kurzen Romane nach einer fünftägigen kostenlosen Einführung als eBook exklusiv bei Amazon für 99 Eurocent angeboten. Mehr Information über die „Familienbande“ und die “Authors‘ Challenge“ steht auf den Internetseiten des Autors Michael Kothe, der Authors‘ Challenge und bei Amazon. Jeder Autor freut sich über das Interesse des Lesers und über ein paar Amazon-Sterne.