Heute noch in vielen Ländern Usanz. Eine Familie in Prunk, beherrscht ein ganzes Land

Beim Schreibwettbewerb für das zweite Semester 2020 bei pierremontagnard.com erfragte das zweite Thema (B) nach einer neuen Welt-Ordnung der Staaten.  Auflage: DEMOKRATIE!

 

Interessanterweise wagten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur sehr spärlich an diese Aufgabe heran und wichen mehrheitlich auf die alternativen Themen A) Wenn Geld nichts mehr wert wäre oder C) Was soll mit Gewaltverbrechern geschehen, aus.

 

Um so mehr freut es uns, dass wir allen unseren Besuchern einen Beitrag über dieses brisante Thema vorstellen dürfen, welcher das Thema nicht nur profund angeht, sondern generell die Brisanz einer Staatsform Veränderung kompetent aufzeigt.

 

Alexander Zar zeigt machbares sowie nicht machbares auf!

                   DER LANGE WEG

                        (Urheberrechte & Copyrights © by Alexander Zar)

 

 

»Wenn man eine direkte Demokratie einrichtet, genügt es nicht, einfach die Gesetzestexte in dieser Art auszugestalten«,    bemerkt der Jurist Martin Spühler, der mit seiner hohen Stirn und einem Lockenkopf aus der Masse heraussticht und eine Aura ausstrahlt, die einen Raum schnell füllt.

 

»Die Frage stellt sich natürlich, ob man einfach einen Knopf drehen kann, und dann ist der Boden für demokratische Vorgänge bereitet.

 

Wenn man einen Blick in die Geschichte richtet, ist sie nicht über Nacht entstanden, sondern in einer langen Entwicklung geboren worden, bis sie sich so etabliert hat, dass eine Großmehrheit damit umgehen kann«.

 

Seine Zuhörer schauen gebannt auf ihn, als er fortfährt:

 

»Als Erstes muss in der Schule ein Lernprogramm her, das den Kindern und den Heranwachsenden lehrt, was Demokratie bedeutet und wie man mit ihr umgeht«; sie kann seiner Ansicht nach nur funktionieren, wenn man zum selbstständigen Denken animiert wird und sich dies auch aneignet. Wer sich leicht von billigen Slogans fangen lässt, ist eher eine Gefahr für demokratische Verhältnisse, ebenso die Menschen, die dem Religionsführer blind folgen und keine andere Meinung gelten lassen; die Pluralität im Handeln und Denken sind die Grundvoraussetzungen, dass Demokratie sich etabliert und zu einer Staatsform wird, in dem ein wirklicher Volkswille umgesetzt werden kann.

 

Er erinnert an den arabischen Frühling, der mit viel Enthusiasmus in den sogenannt demokratischen Ländern beobachtet wurde; das Resultat ist allerdings, dass Libyen als Staat praktisch nicht mehr existiert, sondern in Stammesgebiete zerfallen ist, Ägypten zu einer Militärdiktatur zurückgefunden hat, in Syrien noch immer Bürgerkrieg vorherrscht, und nur in Tunesien hat die zarte Pflanze erste Blüten hervorgebracht.

 

Auch erinnert er daran, wie der russische Präsident Putin dem Pistenbauer Bernhard Russi bei einem Mittagessen kundgetan hat, dass er hoffe, dass Russland in hundert Jahren so weit sein könnte, um eine schweizerische Demokratie nachzuvollziehen. »Leider«, so führt Martin aus, »steckt dahinter mehr Realismus, als die Träumereien erwarten lassen«.

 

Wenn man betrachtet, wie lange es dauerte, bis sich von den ersten Ansätzen der Demokratie in England mit der Einsetzung der »magna charta« 1215 eine parlamentarische Demokratie im eigentlichen Sinn entwickelt hat, muss man Zeiträume von Jahrhunderten anfügen, bis es dann so weit gediehen war. Offenbar ist der Mensch so sehr in seinen staatlichen Traditionen verankert, dass es Generationen in Anspruch nimmt, bis eine neue Wertordnung auch wirklich in den Köpfen angekommen ist. 

 

Was man auch bei der Entkolonialisierung vernachlässigt hat, sollte sich nicht wiederholen, man hat die Länder, die Unabhängigkeit verlangten, ganz einfach sich selbst überlassen, ganz nach dem Motto des Sachsenkönigs Friedrich – August: »Macht euren Dreck alleene«. Ob er das wirklich von sich gegeben hat, ist nicht unbestritten, aber es passt in die Zeit, einfach alles hinter sich zu lassen und neue Strukturen nicht harmonisch wachsen zu lassen.

 

Als sich der Freiheitsdrang in den Kolonien Bahn brach, hätten die Machthaber nicht einfach die Flüsse über die Ufer treten lassen sollen, sondern wirklich Verantwortung übernehmen müssen, in dem sie ein Programm bis zur vollständigen Unabhängigkeit vorstellen und auch in Tat umsetzen sollten, Führung, bis sich ein lokales Gremium herausbildet, das die Vorgaben auch umsetzen will und kann.

 

Niemand soll in der Zwischenzeit, bis die Länder genügend Ressourcen gebildet haben, um die direkte Demokratie auch umzusetzen, unter diktatorischem Terror leiden müssen; die Staatsträger, die dafür die Verantwortung tragen, werden umgehend einem internationalen Tribunal vorgeführt; allerdings wird dort die Rechtsstaatlichkeit großgeschrieben; eine Untersuchungshaft darf höchstens ein Jahr dauern; ist die Anklagebehörde nicht in der Lage, innerhalb von dieser Frist eine Anklageschrift vorzulegen, dem Gericht abzugeben und den Prozess durchzuführen, ist Freilassung anzuordnen; dann gilt das als Versagen der Anklagestelle.

 

Fünf Jahre Dauer eines Prozesses wie im Fall von Slobodan Milosevic sind nach Vorstellungen der Juristenkommission der obersten Vereinigung der Staaten nicht mit einem rechtsstaatlichen Verfahren vereinbar. 

 

Die Verhältnismäßigkeit spielt eine wichtige Rolle im Zusammenhang der Strafverfolgung. Wenn man die Demokratie nahe zum Volk bringt, muss nach diesen Vorgaben auch die dritte Gewalt, die Jurisdiktion, hohen ethischen Normen genügen.

 

»Die Demokratie muss mit der Erziehung beginnen«, erklärt Spühler. »Sie wächst nicht wie eine Blume von alleine; sie muss wie eine kostbare Rose gehegt und gepflegt werden, sonst sprießt nur Unkraut«. Er weist auf die Geschichte hin; Demokratie nimmt dabei einen untergeordneten Platz ein und ist damit offenbar nicht die Staatsform, die dem Menschen am nächsten ist.

 

In der Urgeschichte bestimmten bald einmal Clanchefs die Geschicke der Untertanen, die mehr oder weniger Rechte besaßen und blindlings der Führung folgten, wenn Stämme untereinander kriegerische Auseinandersetzun- gen führten.

 

Demokratien überlebten in der Geschichte meistens nicht sehr lange und wurden bald einmal wieder von Herrschaftsstrukturen abgelöst, in denen einer das Sagen hatte, und die anderen mussten sich fügen. Aber selbst demokratische Staaten mit einer langen Tradition waren nicht davor gefeit, ihren Status zu verlieren; der schweizerische Bundesrat regierte genau wie jetzt während der Pandemiezeit, mit Sondervollmachten während des zweiten Weltkrieges.

 

Nach dem Friedensschluss war aber der oberste Magistrat der Eidgenossenschaft nicht bereit, einfach so das Feld wieder zu räumen und zum Status quo ante zurückzukehren. Das beunruhigte einige politische Kreise, und insbesondere die konservativen Föderalisten der »Ligue vaudoise« setzten eine Volksinitiative durch, die 1949 mit knappem Volks mehr angenommen wurde. Die letzten Vollmachterlasse wurden allerdings erst 1952 aufgehoben. Nichts verdirbt  so schnell wie die Macht, deshalb ist eine ständige Aufmerksamkeit erforderlich, um der Demokratie ihre Position zu wahren; diese Wachsamkeit soll eine neu geschaffene Behörde, die in allen Ländern präsent ist, an den Tag legen.

 

Wer sich nicht fügt, wird gemaßregelt, und wenn sich weitere Vorfälle ergeben, die dem gängigen Ideal widersprechen und nicht ins Zukunfts-Konzept passen, muss mit massiven Sanktionen rechnen, wird entmachtet und unterliegt einem eigenen Programm, sich den neuen Gegeben-heiten anzupassen. Mit eiserner Disziplin wird die neue Weltordnung durchgesetzt.

 

Die führenden Kräfte sind überzeugt, dass nur mit diesem System die anstehenden Probleme der Erde zu lösen sind; denn sie zeigen sich global überall in derselben Härte und sind nicht mehr einfach national lösbar oder verschwinden, wenn man die Augen vor ihnen verschließt. Der Klimawandel verbunden mit einer Erderwärmung kann nur gemeinsam bekämpft werden. Das Volk muss die teils harten Eingriffe mittragen, das heißt verstehen lernen, wenn es auch massive Einschnitte ins persönliche Leben bedeuten kann. Deshalb ist es in den Augen der führenden Kräfte wichtig, dass die künftigen Stimmbürger auch verstehen, weshalb Änderungen vorgenommen werden; im Gegensatz zur bisherigen Politik sollen auch die gewählten Politiker nicht in erster Linie auf die nächsten Wahlen schielen, sondern in Zeitab-ständen denken, die kommenden Generationen ein besseres Leben beschert.

 

Die technischen Umwälzungen werden die Arbeitsmärkte umkrempeln; wahrscheinlich verschwindet bald einmal das Verkaufspersonal, danach sämtliche Stellen, die mit Mobilität zu tun haben, denn selbstfahrende Fahrzeuge benö-tigen keine Chauffeure mehr.

 

Übersetzungen werden durch entsprechende Programme optimiert, und Kassen erledigen gleich auch die Buchhaltung; weitere Optionen sind mehr als nur offen. Im Moment scheint nur die Einführung eines Grundeinkommens dannzumal den sozialen Frieden abzusichern.

 

Da sich der Mensch in erster Linie über Arbeit definiert und daraus seine Eigenwertschätzung bezieht, ist es erforderlich, ein neues Wertesystem auf die Beine zu stellen, das verhindert, dass ein Teil der Leute in Apathie und innerer Trostlosigkeit versinkt. Daraus könnte sich eine neue Aufgabe für die Religions-Gemeinschaften ergeben, die sich der demokratischen Ordnung verschrieben haben; es bedarf ständiger Aufmerksamkeit, dass nicht Populisten mit einfachen Rezepten, die in die Vergangenheit tauchen und in Wirklichkeit zu nichts taugen, Mehrheiten hinter sich scharen können und dann die Demokratien aushebeln, die ihrer Ideologie zuwiderlaufen.

 

Einfache Lösungen bieten sich eben nicht an, denn der Mensch ist schließlich ein komplexes Wesen, das sich nicht in wenige Worte fassen lässt.

 

 

Alexander Zar, Januar 2021

Das komplexe Wesen Mensch: Entweder du oder ich!